Über angemessenen Aktivismus und die Verantwortung des Journalismus

Der Beitrag “Urschitz meint: Übertriebener Aktivismus hilft dem Klima nicht” vom 02.11. ist bei uns Parents For Future auf starken Widerspruch gestoßen:

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Unsere Frage an Herrn Urschitz: Inwiefern ist der aktuelle Aktivismus für das Klima übertrieben? Die Auswirkungen der Klimakrise werden immer deutlicher, die Treibhausgasemissionen steigen trotz Pariser Klimaabkommen in Österreich und weltweit weiter. Die vorgelegte Ökosoziale Steuerreform startet mit einem Preis von €30 pro Tonne CO2. Dabei hat das Umweltbundesamt Deutschland im Vorjahr die Umwelt- und Gesundheitskosten einer Tonne CO2 mit €195 berechnet; bei Gleichgewichtung der Wohlfahrt heutiger und zukünftiger Generationen hält das Amt sogar €680 pro Tonne CO2 für erforderlich. Österreich hat seit Ende 2020 kein Klimaschutzgesetz. Wir haben keinen Plan (Zielpfad für CO2-Emissionen mit Überwachungsmechanismus, Maßnahmen bei Verfehlung von Zwischenzielen) zur Erreichung der Klimaneutralität. Der Rechnungshof warnt, dass Österreich mehr als neun Mrd. Euro Strafe zahlen muss, wenn die Regierung nicht mehr für den Klimaschutz tut. Die Naturkatastrophen mehren sich (Hitzerekorde, Überflutungen, verheerende Waldbrände, Tornados in Grenznähe). Der neueste IPCC Bericht belegt eine Häufung und Intensivierung von Extremwetter-Ereignissen, die in den kommenden Jahrzehnten weiter zunehmen werden.

Vertreter der Wirtschaft und Wirtschaftsforscher sagen, dass wir mit der Dekarbonisierung der Wirtschaft die Führerschaft bei Umwelttechnologien erwerben, eine florierende Wirtschaft sichern, zukunftsfeste Arbeitsplätze schaffen und EU-Strafzahlungen vermeiden. Herr Urschitz hat vollkommen recht damit, dass wir in dieser globalen Herausforderung global denken und handeln müssen. Dabei gilt es simple Prinzipien zu beherzigen: fossile Brennstoffe im Boden lassen und stattdessen unsere wirtschaftliche Kraft in Erneuerbare sowie die Dekarbonisierung investieren. Diese “grünen” Investitionen müssen weit über unsere Grenzen hinaus reichen: es gilt, die Schulden auszugleichen, die wir durch unsere historischen Treibhausgasemissionen gegenüber den Ländern des Globalen Südens gemacht haben.

Herr Urschitz hat auch recht, dass es nicht ohne China geht, denn die Klimakrise kann nur durch gemeinschaftliches Handeln eingedämmt werden. Unser Handeln hat jedoch selbstverständlich Einfluss auf China und den Rest der Welt. Wir müssen dazu die richtigen Schritte setzen, die richtigen Entscheidungen treffen, jetzt und mit Verve. Weiter steigende Treibhausgasemissionen als unausweichlich zu akzeptieren, wäre ein zynischer Ausverkauf der Zukunft unserer Kinder.

Wenn wir nicht mit Entschlossenheit alles daran setzen, Klimakrise und Artensterben aufzuhalten, riskieren wir enormes Leid und gefährden letztendlich den Fortbestand der menschlichen Zivilisation. Dabei kommt Journalist*innen bei der Aufklärung der Menschen eine besondere Verantwortung zu. Seien Sie pragmatisch und realistisch, aber nutzen Sie bitte Ihre wichtige Rolle und geben Sie Ihre Stimme denjenigen, die viel zu wenig Gehör bekommen: der Jugend! Für sie geht es um eine lebenswerte Zukunft, im Extremfall um ihr Überleben. Mit Beharren auf Bisherigem ist die Eindämmung von Klima- und Biodiversitätskrise nicht machbar. Überwinden wir also das Denken Ewiggestriger und schaffen wir die Rahmenbedingungen für eine lebenswerte Zukunft unserer Kinder!

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