Offener Brief von Parents For Future Klosterneuburg
Sehr geehrte Frau Landeshauptfrau Mikl-Leitner,
Sehr geehrte Mitarbeiter:innen der Abteilung WSt1,
Sehr geehrter Herr Mag. Berger,
während österreichweit darüber diskutiert wird, wie die übermäßige Flächeninanspruchnahme unter Kontrolle gebracht werden kann, sollen in Klosterneuburg im Landschaftsschutzgebiet Biosphärenpark Wienerwald (BPWW) 35.000 m² einer Bodenaushubdeponie zum Opfer fallen.
Damit haben wir zwei sehr grundsätzliche Probleme:
Erstens gilt es, wie schon erwähnt, den rasanten Flächenverbrauch und die nur schwer reversible Bodenversiegelung dringend auf ein umwelt- und klimaverträgliches Maß zurückzuschrauben. Obwohl das österreichische Nachhaltigkeitsziel bei maximal 2,5 Hektar Bodenverbrauch pro Tag liegt, werden derzeit 11,3 Hektar pro Tag verbaut – das entspricht der Fläche von 16 Fußballfeldern. Allein in Niederösterreich wurden 2022 täglich 2,3 Hektar Boden verbraucht. Insgesamt wurden seit dem Jahr 2000 in Österreich 1.300 Quadratkilometer verbaut, mehr als dreimal die Fläche Wiens. (https://www.hagel.at/bodenverbrauch/; https://www.wwf.at/wp-content/uploads/2023/05/WWF_Bodenreport_2023_web.pdf; https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230803_OTS0003/neue-wwf-analyse-bundeslaender-beim-bodenschutz-saeumig)
Wir hinterfragen daher grundsätzlich die Notwendigkeit für die geplante Bodenaushubdeponie. Immerhin handelt es sich um ein groß dimensioniertes Projekt: die Deponie soll ein Fassungsvolumen von gut 210.000 m³ bekommen, fast viermal so viel wie jene in St. Andrä-Wördern. Wir bezweifeln, dass eine Deponie von dieser Größe nötig wäre, wenn Niederösterreich sich bemühen würde, dem Nachhaltigkeitsziel zu entsprechen. Es ist höchste Zeit für einen achtsamen Umgang mit der Ressource Boden – unverzichtbar für die Biodiversität und unsere Ernährungssicherheit. Zentral wäre dabei die Nutzung von bestehenden Immobilien und vorgenutzten Flächen.
Zweitens stellt sich die Frage, warum die geplante Bodenaushubdeponie ausgerechnet im Landschaftsschutzgebiet Biosphärenpark Wienerwald errichtet werden soll? Nicht nur gelten dort die Schutzauflagen der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie, es sind auch Gewässer-Pufferzonen zu beachten. Angesichts der ganzen bereits verbauten und versiegelten Flächen, der vielen leerstehenden Industrie- und Gewerbeflächen müsste es doch möglich sein, ein geeignetes Gelände zu finden, das nicht die Rodung von Bäumen in einem Landschaftsschutzgebiet impliziert!
Schon wegen seines Status als EU-Schutzgut sollte der intakte Waldbestand nicht einer Deponie geopfert werden. Darüber hinaus wurde auch das Öffentliche Interesse an diesem Wald aufgrund seiner Wohlfahrtswirkung (Artenschutz, Naherholung, Klimaschutz, Luftqualität) vielfach kundgetan, nicht zuletzt mit der einstimmigen Ablehnung der Bodenaushubdeponie durch den Klosterneuburger Gemeinderat am 1. März.
Wobei wir noch einmal betonen möchten, dass es an erster Stelle die grundsätzliche Notwendigkeit für eine Deponie dieses Ausmaßes zu hinterfragen gilt, bevor man sich auf die Suche nach einem besser geeigneten Platz macht. In Zeiten des rasanten Klimawandels sollte das Gebot der Stunde sein, sowohl den Flächenverbrauch als auch die Aushubmengen bei sämtlichen Bauvorhaben (Gewerbegebiete wie privater Hausbau) möglichst zu begrenzen. Bei Bodenaushub wäre das Ziel, Erdbewegungen zu minimieren und den Aushub im Idealfall auf dem betreffenden Grundstück zu belassen.
Als Parents For Future sehen wir unsere Verantwortung darin, unseren Kindern sowie nachfolgenden Generationen lebenswerte Bedingungen zu hinterlassen. Gesunde Böden und eine intakte Natur sind dafür unverzichtbar. Es ist für uns unverständlich, dass im Jahr 2024, bei dem heutigen Stand der Wissenschaft, so leichtfertig mit Ressourcen umgegangen werden soll, die einerseits begrenzt sind, andererseits unendlich wichtig für Biodiversität, Klimaschutz, Ernährungssicherheit, Luftqualität und Naherholung.
Wir appellieren daher an Sie, in einem ersten Schritt die Notwendigkeit für die geplante Bodenaushubdeponie zu überdenken, und gegebenenfalls ein alternatives Areal dafür zu identifizieren – eine Fläche, die bereits vorgenutzt wurde und somit den zerstörerischen Flächenverbrauch nicht weiter vorantreibt.
Mit freundlichen Grüßen
Manya Ghahremani und Ilse Wrbka-Fuchsig
für Parents For Future Klosterneuburg