You are currently viewing Klimapicknick in Linz: von Hausverstand und Bauchgefühl

Klimapicknick in Linz: von Hausverstand und Bauchgefühl

  • Beitrags-Kategorie:Oberösterreich

Linz: Die Temperaturrekorde machen offensichtlich, wovor Klimaforscher:innen schon lange warnen: Die Erderhitzung macht vor nichts und niemandem halt. Klimaaktivist:innen setzten sich darum am 19. April weltweit gemeinsam für mehr Klimaschutz ein, auch in Linz am Hauptplatz um 14 Uhr, wo eine Standkungebung mit Picknick stattfand.

Anlässlich des globalen Klimastreiks fand am Freitag, den 19. April, erstmalig ein Klima Picknick statt. Das war gemeinsam mit Aktionen in Graz, Innsbruck, Kärnten, Niederösterreich und Wien der Auftakt zur großen EU-Wahl-Demo am 31. Mai in ganz Österreich, aber auch international. Denn hier wird entschieden, wie es mit dem Klimaschutz in der EU in den nächsten Jahren weitergehen soll.

Trotz der stürmischen Bedingungen haben sich gut 100-110 Personen eingefunden, um mehr Klimaschutz einzufordern. Unter dem Motto “OÖ will Klimaschutz”, wurde klar gemacht, dass die Mehrheit der Oberösterreicher:innen ordentlichen Klimaschutz will. Bei der Kundgebung wurde unter anderem der Bau der A26 Autobahn kritisiert, zur Liebe für die Mitwelt aufgerufen und mit den Mechanismen der fossilen Ausbeutung auseinandergesetzt. Musikalisch wurde die Aktion von “Täglich Frisches Obst” und “GegenTonOrchester” begleitet.

Im Anschluss an die Kundgebung gab es noch die Möglichkeit, sich beim Picknick mit leckerem, veganen Essen zu stärken und untereinander kennenzulernen, sowie über die derzeitigen Baustellen im Klimaschutz zu sprechen. Sei es die geplante A26 Autobahn oder neue Gasbohrungen in St. Georgen am Attergau.

“Nicht jede Aktion muss eine große Blockade oder ein riesiges Spektakel sein, es ist auch mal gut, einfach zusammenzukommen, sich auszutauschen und zu stärken für alles, das noch kommen wird. Denn sicher ist, in Sachen Klimaschutz werden wir noch großen Herausforderungen begegnen. Damit wir diese überkommen können, brauchen wir einen starken Zusammenhalt innerhalb der Klimabewegung, der durch diese Aktionen gefördert wird.”, meint Jan Aigner von Fridays For Future Linz.

Presseaussendung von FFF Linz

Rede von Parent “Franz For Future” beim Klima-Picknick:

Hausverstand und Bauchgefühl

„Billa, sagt der Hausverstand“ seit dem April 2007. „Klimaschutz mit Hausverstand“, dafür steht seit Mai 2020 die FPÖ. Im März 2021 brachte die FPÖ einen entsprechenden Entschließungsantrag im Nationalrat ein – und schon kurz darauf machte sich auch die ÖVP diesen Slogan zu eigen. Mittlerweile spricht die ganze ÖVP nur mehr vom „Klimaschutz mit Hausverstand“.

Im Regierungsprogramm stand noch ein paar Mal das Wort “Klimakrise”, aber seit der Regierung Nehammer hat die Message-Control der ÖVP das Wort – so scheint’s – eliminiert. Karl Nehammer hat schon mehrmals deutlich gemacht, dass er diesen „Untergangsirrsinn in der Klimabewegung“ ablehnt. Die Botschaft ist klar: Es gibt keine Krise. Und damit braucht man keinen Krisenstab, kein planmäßiges Handeln, kein Klimaschutzgesetz, keinen Sachverstand – Hausverstand reicht!
Eine Energiewende wird gemacht, denn die nützt der Wirtschaft, und ein paar notwendige Anpassungen an den Klimawandel werden Innovationen erledigen. Alle bisherigen Gesetze und Maßnahmen sollen es anderen ermöglichen, sich an den Klimawandel anzupassen, aber nur eines ist wichtig: Die Wirtschaft darf und muss weiterwachsen und die Regierung kann weitermachen wie bisher.

Das Narrativ vom Hausverstand ist das dafür notwendige Mittel der Verharmlosung: Da es keine Krise gibt und nur mit Förderungen Klimaschutzmaßnahmen ermöglicht werden, reicht der Hausverstand völlig aus. Klar, mit Hausverstand fliegt man nicht zum Mond, aber wer will dort schon hin? Klimaschutz mit Sachverstand – das wäre doch mit Kanonen auf Spatzen geschossen!

Das Problem liegt jedoch nicht im „zu viel Hausverstand und zu wenig Sachverstand“, sondern im „zu wenig Gefühl“. Die Klimakrise ist wissenschaftlich gut verstanden, auch die konservativen Politiker haben verstanden, dass der Klimawandel existiert, aber sie ignorieren – aus politischem Kalkül – die wissenschaftliche Tatsache, dass es sich um eine Krise handelt. Die Klimakrise wird nicht ausreichend gefühlt!

Die meisten Menschen akzeptieren die Klimakrise mit dem Verstand, doch Gefühle rufen vor allem die Klimaaktivist/inn/en hervor: Hass und Wut. Eigentlich müssten sich diese Gefühle (der Politiker/innen und der sich gestört fühlenden Menschen) gegen die fossilen Konzerne richten…
Die Aktivist/inn/en hingegen empfinden Wut über die unzureichende Klimapolitik.
Und wir Eltern sind noch längst nicht wütend genug!

Vielen jungen Menschen macht die Klimakrise Angst. Das ist furchtbar, denn oft führt das zu Depressionen, Sinnleere und Zukunftsverdrossenheit. Doch wo bleibt die Sorge der Erwachsenen? Der Politiker? Große Teile der Bevölkerung sind besorgt wegen der steigenden Preise, wegen Krieg, befürchten sozialen Abstieg, sehen eine Bedrohung in der Migration. All dies werden aber auch Folgen der Klimakrise sein. Sollte sie deshalb nicht viel mehr als Grund zur Sorge wahrgenommen werden und sollte die Besorgnis darüber nicht von allen artikuliert werden? Wir brauchen Politiker/innen, die in Reden auch den Satz „Die Klimakrise macht mir Sorgen.“ sagen. Dies würde auch jungen Menschen das Gefühl geben, dass sie in ihrer Angst ernst genommen werden.

Ein Schattendasein führen die Gefühle Trauer und Liebe. Das ist nicht verwunderlich, denn diese beiden Gefühle setzen eine Beziehung, eine tiefe Verbundenheit mit der Mitwelt, dem Lebensraum allen Lebens voraus.

Als der Mensch begann, die Natur dem Nützlichkeitsaspekt zu unterwerfen, wurde sie zur Umwelt, zur Welt, die den Menschen umgibt. Der Raum, der ihm wie ein Supermarkt zur Verfügung steht. Tatsächlich ist der Mensch immer noch ein Teil der Natur. Er friert bei Kälte, er leidet und stirbt zuweilen bei Hitze, er wird von wilden Tieren bedroht, Viren und Bakterien können ihn krank machen. Böse Natur! Die Umwelt hat uns gefälligst zu Diensten zu sein, soll sich unterordnen, soll unser Wirtschaftswachstum ermöglichen!

Tatsächlich ist der Mensch, bist DU immer noch ein Teil der Natur. Die Umwelt existiert nicht! Es ist die Mitwelt, belebt von Mitbewohnern! Und wir Menschen sind ein Faden im Netz des Lebens. Wir Menschen sind ein Teil des Ganzen. Was wir der Welt antun, tun wir uns selbst an. Welches Recht haben wir, die Erde auszubeuten? Müssten wir beim Bau von Straßen nicht jeden einzelnen Grashalm um Erlaubnis bitten? Müsste jedes Fällen von Bäumen nicht mit einer Umwelt – pardon – Mitweltverträglichkeitsprüfung verbunden sein? Wir müssen als Mitglieder der Gemeinschaft allen Lebens auf Erden handeln. Getragen von Mitgefühl für unsere Mitwelt können wir vielleicht Trauer spüren über den Verlust der Artenvielfalt, der Gletscher, des unberührten und unverbauten Naturraums.

Chief Noah Si’ahl sagte in seiner berühmten Rede 1854: „Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig.“ Die Erde ist heilig. Heilig, das heißt ganz, ganz eins, eins mit dem Ganzen, verbunden, verbunden in Liebe. Ich kann euch nur einladen, die Verbindung zur Natur zu pflegen, bewusst mit der Natur in Beziehung zu treten. In eine liebevolle Beziehung. Ich meine damit nicht, sich am Wochenende ins Auto zu setzen, weit zu fahren, dann in den Bergen zu wandern und die Natur zu genießen. Heiligt die Natur im Alltag. Jeder Teil dieser Erde ist heilig.

Obst und Gemüse werden nicht im Supermarkt hergestellt. Es wächst in landwirtschaftlichen Betrieben. Mutter Erde bringt es hervor und es braucht die richtigen Klima- und Wetterbedingungen. Die Fülle, die auf unseren Tellern landet, ist nicht selbstverständlich. Esst bewusst.

Wenn überhaupt, esst Fleisch nur von Tieren, denen ihr in die Augen sehen konntet und bei denen ihr euch aufrichtig bedankt habt, dass sie sich für euch geopfert haben.

Umarmt Bäume. Aber fragt zuvor um Erlaubnis, man umarmt ja auch nicht wildfremde Menschen.

Geht barfuß durch den Wald, über die Wiese, achtet und lauscht auf die Gesänge der Vögel.

Tanzt mit dem Rhythmus des Geplätschers des Baches.

Lächelt der Sonne zu, die hinter den Wolken hervorkommt.

Fragt den Regenwurm, was er heute schon im Boden erlebt hat.

Pfeift auf den Hausverstand, vertraut auf euer Bauchgefühl, euren Schmetterlingen im Bauch.
Ja, wir müssen uns wieder neu in die Erde verlieben.

Wir müssen uns in die Erde verlieben.
Ohne die Fridays wäre alles beim Alten geblieben.
Durch sie wird die Geschichte neu geschrieben.

Die Erde stirbt, vernehmt die Kunde!
Eure Gier schlägt eine tiefe Wunde.
Die Erde zu lieben, ist das Gebot der Stunde.
Ansonsten gehen wir vor die Hunde.

Nach Macht und Profit geht euer Streben;
Flächenfraß und Ressourcenverschwendung sind ganz daneben.
Wir müssen wieder lernen, mit der Erde zu leben.
Es muss mehr Liebe zur Erde geben!

Weg mit dem dummen Hausverstand!
Mit ihm fahren wir an die Wand.
Gebt dem Bauchgefühl die Hand
und Liebe zur Erde zieht ins Land.

Raus aus dem Wirtschaftswachstumsgetriebe!
Ihr benehmt euch wie Diebe.
Schenkt der Erde mehr Liebe!

Die Kapitalisten reiten tote Pferde
und schüren weltweit Brandherde.
Dass es für alle besser werde,
wollen wir mehr Liebe zur Erde!

Hört auf, mit dem Hausverstand zu denken!
Fangt an, euch zum Bauchgefühl zu lenken
und damit der Erde mehr Liebe zu schenken!

Mein Rap ist hier zu Ende.
Reicht euch die Hände.
Das wäre der Beginn der Wende:
Wenn die Erde mehr Liebe fände.

 

Franz for Future, Linz, 19 April 2024