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Drohender Baustart der Ostumfahrung in Wiener Neustadt? Parents For Future unterstützt den Widerstand mit einem Offenen Brief

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Am 16. August wurde unter massivem Polizeieinsatz das Baumhaus der Besetzung gegen die Ostumfahrung in einem Natura-2000 Schutzgebiet – den Fischa Auen bei Lichtenwörth nahe Wiener Neustadt – geräumt. Unter enormen persönlichen Einsatz war es der Besetzung bisher gelungen, Rodungsarbeiten für dieses Straßenbauprojekt zu verhindern. Noch am selben Tag wurde ein neues provisorisches Baumhaus errichtet, die Aktivist:innen sind fest entschlossen, ihren Widerstand fortzusetzen.

Die Räumung löste eine Welle der Solidarität aus: neben einer spontanen Kundgebung vor Ort am Tag der Räumung gab es am 18. August eine Großdemo am Hauptplatz von Wiener Neustadt, in der Gruppierungen aus verschiedensten Teilen der Gesellschaft ihre vehemente Ablehnung gegen das unzeitgemäße Beton-Projekt zum Ausdruck brachten. Auch wir Parents For Future waren vor Ort.

Da ein erneuter Räumungsversuch jederzeit befürchtet wird, ist Solidarität und Unterstützung wichtiger denn je. Allen, die mithelfen möchten, empfehlen wir die Homepage der Plattform Vernunft statt Ost”Umfahrung” (https://www.vernunft-statt-ostumfahrung.at/). Dort findet ihr mehr Hintergrundinformation zu dem geplanten Projekt, den Gründen für den Widerstand, sowie zu aktuellen Terminen; außerdem werden dort verschiedene Möglichkeiten angeboten, den Protest zu unterstützen:

  • online-Petition unterschreiben
  • Social Media Posts teilen
  • direkte Kontaktaufnahme mit der Plattform
  • Spenden (Konto „Vernunft statt Ostumfahrung“, IBAN: AT38 2026 7021 0113 7525)
  • Text- oder Videobeitrag für das Portal “Stimmen der Vernunft”

Die Ungewissheit, wann der nächste Räumungsversuch stattfinden könnte, ist für die Besetzer:innen und ihre Unterstützer:innen in der Zivilgesellschaft enorm belastend.

Für uns Parents ist es erschütternd, wie egal den Entscheidungsträger:innen die weitläufige und fundierte Ablehnung des unzeitgemäßen Beton-Projekts zu sein scheint! Wir haben daher diesen Offenen Brief verfasst, in dem wir sie dazu auffordern, in sich zu gehen und diesem Straßenprojekt endlich eine Absage zu erteilen: 

Offener Brief für den Erhalt der Fischa Au und der fruchtbaren Felder von Lichtenwörth

Nur wenige Stunden, nachdem das Baumhaus der Besetzung gegen die Ostumfahrung von einem Großaufgebot der Polizei geräumt und zerstört wurde, war auf Ö1 ein Beitrag über die massiven Ernteausfälle in der österreichischen Landwirtschaft zu hören. Demnach sind allein bei den heftigen Unwettern vor einer Woche in Tirol Schäden von rund drei Millionen Euro entstanden. Drei Millionen Euro, an einem einzigen Abend, in einem Bundesland!

In dem Radiointerview bezifferte Kurt Weinberger, der Vorstandsvorsitzende der Hagelversicherung, die wetterbedingten Schäden von Jahresbeginn bis Mitte August mit rund 200 Millionen Euro und stufte die Lage der Landwirtschaft in Österreich als besorgniserregend ein. Dann warnte er ausdrücklich davor, weiterhin Grund und Boden, Wiesen und Äcker zu verbauen und zu versiegeln.

Dieser Radiobeitrag war, wie gesagt, fast zeitgleich mit der Räumung des Baumhauses in Lichtenwörth. Traurige Ironie…

Am selben Tag fiel uns ein Artikel vom ORF auf, den Markus Wadsak auf Twitter geteilt hatte. Diesmal ging es um die kleinen Kinder, für die die Hitze besonders gefährlich sein kann, weil sie ihren Wärmehaushalt noch nicht so gut regulieren können. Genau das ist wenige Tage zuvor der kleinen Tochter einer unserer jüngeren Parents passiert. Sie war nach dem Kindergarten völlig überhitzt und erschöpft, als ihre Eltern sie abholten. Ihr Gesicht war gerötet, sie hatte Kopfschmerzen und bekam im weiteren Verlauf hohes Fieber.

Wir Parents sehen also, wie die Klimakrise unsere Kinder schon jetzt bedroht, und empfinden Angst und Wut bei dem Gedanken, dass ihnen eine Zukunft bevorstehen könnte, die von immer häufigeren und stärkeren Extremwetterereignissen, immer bedrohlicheren Ernteausfällen und schlussendlich von Verteilungskonflikten geprägt sein könnte. Wir weigern uns, untätig zuzusehen, wie die Optionen unserer Kinder und zukünftiger Generationen immer mehr eingeschränkt werden, nur weil die Entscheidungsträger:innen unter dem Einfluss von Partikularinteressen unbeirrt weitermachen wollen wie bisher.

Und die schlechten Nachrichten hörten nicht auf. Dramatische Bilder von Überschwemmungen und Murenabgang in Vorarlberg waren gefolgt von Meldungen zum Katastrophenalarm in Hollabrunn und dem folgenschweren Gewitter mit Rekordniederschlagsmenge in Wien. Und wir denken uns, wie absurd ist das denn? Wie kann es angesichts all dieser Wetterextreme mit ihren katastrophalen Folgen sein, dass solche aus der Zeit gefallenen Straßenbauprojekte wie die Ostumfahrung überhaupt noch zur Debatte stehen?

Aber nachdem augenscheinlich die Absicht besteht, ihren Bau allen Klima- und Bodenschutzzielen zum Trotz in Angriff zu nehmen, wenden wir uns nun direkt an Bürgermeister Klaus Schneeberger und alle anderen in dieses Projekt involvierten Personen, von politischen Entscheidungsträger:innen bis zu Vertreter:innen der Straßenbau- und Verkehrsinteressen:

Werden Sie Ihrer enormen Verantwortung angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise gerecht! Es geht nicht nur um unser eigenes Wohlbefinden – obwohl auch das gefährdet ist -, es geht um eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder und Enkelkinder. Sie haben ein Recht auf eine intakte Umwelt, auf Ernährungssicherheit und auf ein erträgliches Klima. Klimaschutz ist Kinderschutz!

Wir fordern Sie daher auf, endlich moralisch zu handeln. Dafür ist zunächst einmal erforderlich, dass Sie damit aufhören, sich vorwiegend an Ihrem unmittelbaren Umfeld zu orientieren. Von der Geschichte haben wir gelernt, was für tragische Konsequenzen das Mitschwimmen in einer Gruppe haben kann; das gilt jetzt genauso. Um moralisch zu handeln, genügt es nicht, nach links und rechts zu schauen, und sich bestärkt zu fühlen, wenn die anderen ähnlich denken und handeln.

Nein, Sie müssen in sich schauen und sich diese Frage stellen: Ist es in Ordnung, in einer Zeit, wo wir alles tun müssten, um unsere Lebensgrundlagen zu schützen, wissentlich die Zerstörung eben dieser Lebensgrundlagen weiter voranzutreiben?

Die Antwort auf diese Frage kann nur Nein lauten: Nein, es ist nicht in Ordnung, mit dem Wissensstand, den wir haben, unsere Lebensgrundlagen weiter aktiv zu schädigen.

Mit dieser Einsicht müssen Sie sich konsequenterweise die nächste Frage stellen: Will ich das Richtige tun, auf der richtigen Seite stehen? Will ich meinen Beitrag dazu leisten, dass das, was wir zum Überleben brauchen – fruchtbare Böden, eine gesunde Artenvielfalt, saubere Luft, ausreichend Grundwasser, verträgliche Temperaturen – will ich, dass all das geschützt wird? Für uns selbst, für unsere Kinder, für nachkommende Generationen?

Wenn Sie das wollen – wir hoffen sehr, dass Sie zu diesem Schluss kommen! – dann bleibt Ihnen eigentlich nur eine Möglichkeit, nämlich zu sagen: Es reicht. Die geplante Ostumfahrung darf nicht umgesetzt werden. Weil wir uns weitere Bodenversiegelung und noch mehr Verkehr nicht leisten können, wenn wir unsere Klimaziele erreichen und unsere Lebensgrundlagen bewahren wollen.

Jeder und jede einzelne von Ihnen muss sich dieser individuellen Verantwortung stellen. Es darf kein Herausreden auf die anderen mehr geben. Auch Ihre Kinder werden Sie am Ende nicht danach beurteilen, wie viel Profit Sie durch den Bau neuer Straßen erwirtschaftet haben, sondern danach, was Sie beigetragen haben, um eine totale Eskalation der Klimakrise noch rechtzeitig abzuwenden.

Sie werden später nicht sagen können, Sie hätten nicht gewusst, wie dringend der Handlungsbedarf war. Die Warnungen der Wissenschaft sind eindeutig, sind es schon seit Jahren, Jahrzehnten! In zwanzig, dreißig Jahren wird niemand Ihnen abnehmen, dass die Ostumfahrung zum Nutzen der Allgemeinheit gebaut werden musste…

Ergreifen Sie also die Chance, die Sie jetzt noch haben, und stellen Sie sich auf die richtige Seite! Gehen Sie zu Ihren Kolleg:innen, gehen Sie an die Öffentlichkeit, und sagen Sie es: Diese Straße darf nicht gebaut werden!

Schützen wir unsere Böden, unsere Artenvielfalt, unsere Luft und unser Wasser! Schützen wir uns und unsere Kinder vor Wetterextremen und Naturkatastrophen! Schützen wir unsere Lebensgrundlagen, denn unsere Kinder und die nachkommenden Generationen haben ein Recht darauf.

Klimaschutz ist Kinderschutz.